Umfrageforschung über den Tierschutz in der ganzen Türkei
15.02.2021
Die im Rahmen von der Rechtsklinik unserer Fakultät durchgeführten Studien zu Tierschutzreformen setzen fort. In der im Januar 2021 durchgeführten Umfrage unter 2375 Menschen in der ganzen Türkei (70 Provinzen, 307 Stadtteile) wurde die türkische Perspektive zu Tierschutzfragen untersucht. Laut der durch „Konda Forschung und Beratung“ durchgeführten Umfrage denkt die überwiegende Mehrheit in der Türkei, dass die Käfighaltung von Hühnern nicht angebracht ist und dass die Käfighaltung verboten werden sollte. Darüber hinaus sagt sie, dass sie die Produkte von Unternehmen, die Tiere unter schlechten Bedingungen aufziehen nicht kaufen würden. Diese Forschung zeigt, dass die Erwartungen und Anforderungen an den Tierschutz in der Lebensmittelindustrie sehr hoch sind.
Der Tierschutz bezieht sich auf den Schmerz und das Wohlgefallen von den Tieren, welchen sie als fühlende Lebewesen empfinden. Die Tierschutzstandards zielen darauf ab, Tiere bestmöglich vor Schmerz und Qual zu schützen. Heutzutage umfasst das Verständnis über Tierrechte nicht nur Haustiere, sondern auch Nutztiere. Obwohl die überwiegende Mehrheit der Menschen die Verwendung von Tieren als Ernährung für notwendig und rechtmäßig betrachtet, vertreten sie gleichzeitig die Auffassung, dass die Tiere unter angemessenen Bedingungen gezüchtet werden und in diesem Prozess so wenig wie möglich leiden sollten.
Infolge der Veränderungen in der Tierzucht werden heute viele Tiere unter unnatürlichen und industriellen Bedingungen gezüchtet. Diese Industrialisierung bringt einerseits aufgrund Kostenminimierung günstige und große Mengen an tierischen Produkten heraus, aber andererseits verursacht sie auch eine große Qual für die aufgezogenen Tiere. Eines der Hauptprobleme im Tierschutz der industriellen Tierhaltung bildet die Käfighaltung, die bei der Eierproduktion angewendet wird. Das ist die am häufigsten verwendete Produktionsmethode im Eierhandel. In der Käfighaltung leben Hühner ihr ganzes Leben in überfüllten und eisernen Käfigen. In diesen Käfigen hat jedes Huhn nur einen Platz in der Groβe eines DIN-A4-Blattes, sodass die Hühner nicht einmal Platz haben, um ihre Flügel zu öffnen. In ihrem natürlichen Lebensraum ist es ein wichtiges Bedürfnis für Hühner sich zu bewegen, um ihr Futter zu finden. Die Hühner leben jedoch in Käfigen, die zu eng sind, um dieses Bedürfnis zu erfüllen. Aus diesem Grund steigt ihr Stressniveau und sie zeigen unerwünschte Verhaltensweisen auf, wie z. B. das gegenseitige Picken. Zu den Grundbedürfnissen von Hühnern zählen das Bad in Erde, die Hocke, das Streichen, Graben und das Eierlegen im Nest. Grundsätzlich erscheint es jedoch unmöglich, diese Bedürfnisse in der Käfighaltung zu befriedigen. Eine „ausgestaltete“ Käfighaltung enthält genug Plätze für das Nesten, Hocken und Graben, wenngleich sie begrenzt sind. Es kann jedoch nicht gesagt werden, dass dies eine bedeutungsvolle Verbesserung des Tierschutzes darstellt. Denn in diesen Systemen haben Hühner einen sehr kleinen Lebensraum. Gemäß den Daten des Statistikinstituts der Türkei im Jahr 2019 gibt es in der Türkei mehr als 120 Millionen Legehennen.
Verbraucher in der Welt und in der Türkei akzeptieren den Tierschutz fortan als Kriterium bei Entscheidungen bezüglich ihres Konsums. Dahinterstehen sowohl das ethische Interesse an Tieren als auch Zweifel an der Gesundheit und Qualität industrieller Produkte. Statistiken in der Welt zeigen, dass die Marktstellung von Produkten aus der Käfighaltung am Markt immer mehr abnimmt. Hinter dieser Veränderung stehen neben individuellen Entscheidungen der Verbraucher auch das Bedürfnis von Unternehmen Prestige zum Thema den Tierschutz zu gewinnen. Viele Einzelhandels-, Restaurant-, und Hotelketten in der Türkei und in Deutschland entschlossen sich dazu, die Nutzung von Eiern unter Käfighaltung einzustellen oder verpflichteten sich dies in Zukunft tun zu werden. Im Laufe dieser Phase lassen die Unternehmen ihren Lieferanten-Eierproduzenten einen Zeitraum, um auf das käfigfreie System zu wechseln, indem sie sich dazu für die Zukunft verpflichten (z.B. durch die Bekanntmachung an die Öffentlichkeit, dass sie im Jahre 2025 auf ein 100% käfigfreies-System übergehen werden.). In diesem Zeitraum gliedern sich die Eierproduzenten so weit wie möglich in die neue Ordnung ein, indem sie die erforderlichen Investitionen anlegen.
Dieses Modell ist besonders in Europa und in den USA sehr erfolgreich. Das System der Käfighaltung ist dort nun eine mehr und mehr ausgehende Praxis der Tierzucht. Alle Unternehmen, die eine hohe Markenbekanntheit haben, haben sich verpflichtet eine Umstrukturierung zum käfigfrei System durchzuführen. Infolge dieser Veränderung sind auch umfassende rechtliche Regelungen möglich. In einigen Ländern wie der Tschechischen Republik, den Niederlanden und der Schweiz wurden gemäß den Forderungen der Mehrheit in der Gesellschaft durch die Regierungen Gesetze, die das Käfigsystem verbieten verabschiedet. In vielen Ländern wie Frankreich, Deutschland und Polen bildet dieses Thema Gegenstand von aktuellen Debatten. Infolge dieser Entwicklungen wird die Qual von Hunderten Millionen Tieren erheblich abnehmen.
Seit 2018 ist es in der Türkei zu einer gesetzlichen Pflicht geworden, durch Barcodes auf den Etiketten zu bezeichnen, in was für einer Haltung die Eier hergestellt werden. Auf diese Weise wurde es für den Verbraucher einfacher, zu verstehen unter welchen Bedingungen das gekaufte produziert wurde und dadurch eine bewusste Entscheidung zu treffen. Die Barcodes 0, 1, 2 werden der Reihe nach verwendet für Eier, die hergestellt wurden in ökologischer Erzeugung, Freilandhaltung und Bodenhaltung. Der Barcode 3 zeigt an, dass das Ei in Käfighaltung hergestellt wurde. Circa dreißig Unternehmen, die in der Türkei tätig sind, verpflichteten sich bereits auf das käfigfreie-System umzustrukturieren. Andererseits ist das Interesse an diesem Thema durch Unternehmen, die in der Türkei tätig sind, und des türkischen Gesetzgebers noch nicht sehr hoch. In den Ländern wie Polen, Rumänien, Brasilien oder Ländern mit ähnlichen sozioökonomische Merkmale wie die Türkei, sind die Tierschutzverpflichtungen und die Tierschutzgesetze verbreiteter. In den kommenden Jahren kann auch in der Türkei mit zunehmender und sichtbaren Anforderungen durch die Verbraucher ein ähnlicher Prozess verwirklicht werden. Die Berücksichtigung der Bedürfnisse von Bürger/innen und Verbraucher/innen in der Türkei könne dazu führen, dass nachhaltige Geschäftspolitiken und bedeutende Änderungen in Tierschutzgesetzen gemacht werden müssen. Eine der wichtigsten dieser Änderungen ist die Beendigung der Käfighaltung in der Eierproduktion innerhalb eines bestimmten Zeitraums.
In diesem Zusammenhang richtet die Rechtsklinik unserer Fakultät seit 2017 informative Versammlungen zum Tierschutz mit den Vertretern des Sektors aus. Die Unternehmen, die dabei Fortschritte in diesem Prozess erzielen, werden durch die Verleihung des Tierschutzpreises der Türkisch-Deutschen Universität jedes Jahr im Dezember belohnt. Bis zu diesem Zeitpunkt haben Unternehmen wie Metro, Aslı Börek, Wyndham Hotels, Four Seasons Hotels, Barilla, ISS und Ferrero den „Preis für Gute Eier“ erhalten, indem sie sich der Öffentlichkeit verpflichteten, dass alle Eier, die sie verwenden, spätestens bis 2025 aus käfigfreien-Systemen stammen werden.